Dezember 27

Kein pauschalierter Schadenersatz – FingerHaus GmbH unterliegt beim Landgericht Hildesheim

Fragwürdige Beratung vor Vertragsunterzeichnung

Obwohl die Finanzierung des Bauvorhabens noch nicht gesichert war, hatte ein Verkaufsberater der FingerHaus GmbH einer Verbraucherin im Dezember 2019 unter Hinweis auf eine zu erwartende Preiserhöhung einen „Werkvertrag“ über ein Fertighaus zur Unterzeichnung vorgelegt. Nachdem sich die Finanzierung kurze Zeit später als unmöglich herausstellte, kündigte die FingerHaus GmbH den Bauvertrag und verlangte einen pauschalierten Schadensersatz von EUR 39.800,00. Darüber hinaus sollte ein Betrag in Höhe von EUR 1.751,80 für die Rechtsanwälte der FingerHaus GmbH fällig werden. Die Gesamtforderung betrug somit EUR 41.551,80 für ein Fertighaus, das nie gebaut wurde.

Kein Schadenersatz – Hausvertrag unwirksam

Nachdem außergerichtliche keine Einigung gefunden wurde, versuchte die Baufirma ihre Forderung vor Gericht durchzusetzen. Damit hatte die FingerHaus GmbH jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht Hildesheim hat die Klage mit Urteil vom 20.12.2023 (Az. 5 O 44/23) abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts war durch Unterzeichnung des Vertragsformulars am 27.12.2019 und die anschließende Annahmeerklärung der FingerHaus GmbH vom 16.01.2020 kein wirksamer Verbraucherbauvertrag („Werkvertrag“) zustande gekommen. Ob das Urteil in Rechtskraft erwächst, ist derzeit noch offen.

„Fälle dieser Art sind leider kein Einzelfall“, berichtet Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover, der bundesweit regelmäßig geschädigte Verbraucher gegenüber Anbietern von Fertighäusern vertritt. Anbieter wie die FingerHaus GmbH, die Kampa GmbH, die WeberHaus GmbH & Co. KG, die STREIF Haus GmbH, die SchwörerHaus KG, die Sonnleitner Holzbauwerke GmbH & Co. KG oder die DFH Haus GmbH mit den Marken „OKAL“, „allkauf“ und „massa haus“ sehen in ihren Vertragsbedingungen für den Fall einer Kündigung des Hausvertrages eine Verpflichtung zur Zahlung eines pauschalierten Schadenersatzes vor. Dieser Schadenersatz kann je nach Anbieter bis zu 10 % der Vertragssumme betragen. „Falls der Verbraucher kein geeignetes Baugrundstück finden sollte oder die Finanzierung des Vorhabens nicht gelingt, besteht also die Gefahr, keinerlei Bauleistungen zu erhalten und dennoch mit erheblichen Forderungen konfrontiert zu werden“, erklärt Rechtsanwalt Keunecke weiter.

Beratung bei Problemen mit „Hausvertrag“ oder „Werkvertrag“

Derartige Situationen sind bei richtiger Beratung vor Vertragsabschluss vermeidbar. Verbraucher sollten sich daher gegen unberechtigte Forderungen der Bauunternehmen mit anwaltlicher Hilfe zur Wehr setzen. Wichtig ist es insbesondere, die Vertragsunterlagen genau zu prüfen. Häufig enthalten diese schwerwiegende Fehler, die der Durchsetzung eines pauschalierten Schadenersatzes entgegenstehen. Zu denken ist auch daran, dass bei fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung das Widerrufsrecht gemäß § 356e BGB erst 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss endet. Möglich ist letztendlich auch, dass der Verbraucherbauvertrag („Hausvertrag“, „Werkvertrag“) wegen fehlender Beurkundung durch einen Notar unwirksam bleibt.

Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover hat bundesweit bereits eine Vielzahl von Mandanten anwaltlich vertreten, bei denen es im Zusammenhang mit Verbraucherbauverträgen zu Problemen gekommen ist. Die Kanzlei Keunecke hat dabei u.a. auch das Urteil des Landgerichts Hannover vom 24.04.2017 (Az. 14 O 184/16) erstritten. In dem betreffenden Rechtsstreit hatten sich Kunden der DFH Haus GmbH („OKAL“, „massa haus“ und „allkauf“), die auch bereits einen Darlehensvertrag abgeschlossen hatten, erfolgreich gegen eine Schadenersatzforderung gewehrt. Bei Fragen zum Thema Hausvertrag („Verbraucherbauvertrag“) und den Möglichkeiten einer Anfechtung, eines Rücktritts, Widerrufs oder zum Verhalten im Falle einer Kündigung können Sie Rechtsanwalt Keunecke jederzeit gerne telefonisch ansprechen.

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Kanzlei Keunecke – Hannover
Rechtsanwalt Matthias Keunecke, LL.M.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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Hausvertrag dfh Rücktritt Kündigung Widerruf
August 26

Landgericht Hannover: Verbraucher kann Vorfälligkeitsentschädigung von Sparkasse zurückfordern!

Im Rahmen der Kündigung einer Immobilienfinanzierung hatte die Sparkasse Hameln-Weserbergland im Jahr 2020 die Freigabe der Grundschuld von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung abhängig gemacht. Da der Darlehensvertrag aus dem Jahr 2016 jedoch unzureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung enthielt, hat das Landgericht Hannover die Sparkasse nunmehr mit Urteil vom 24.08.2023 (Az. 4 O 17/23) zur Rückzahlung des vereinnahmten Betrages verurteilt. In gleicher Weise hatten sich zuvor bereits das Landgericht Rostock und das Landgericht Kiel zu der von der Sparkasse im Darlehensvertrag verwendeten Klausel geäußert.

„Verbraucher müssen anhand der Vertragsangaben die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen und ihre Belastung im Falle einer vorzeitigen Beendigung – etwa bei einem Verkauf der belasteten Immobilie – zuverlässig abschätzen können“, erklärt Rechtsanwalt Matthias Keunecke, der den Kläger in dem Verfahren vor dem Landgericht Hannover vertreten hat. „Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Darlehensvertrag insoweit unzureichende oder gar falsche Angaben enthält“, so Keunecke weiter. Diesen Anforderungen genügte der Darlehensvertrag der beklagten Sparkasse nach Ansicht des Landgerichts Hannover jedoch nicht. Da es somit an einer Rechtsgrundlage für die Forderung einer Vorfälligkeitsentschädigung fehlte, wurde die Sparkasse mit Urteil vom 24.08.2023 zur vollständigen Rückzahlung verurteilt. Die Rechtskraft des Urteils ist derzeit noch offen. Die Sparkasse hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Im Zusammenhang mit der Kündigung von Immobiliendarlehen werden von Banken und Sparkassen häufig Forderungen erhoben, die sich bei näherer Prüfung als unberechtigt erweisen. So werden vielfach zukünftige Sondertilgungsrechte, die regelmäßig zu einer Reduzierung der Vorfälligkeitsentschädigung führen, nicht berücksichtigt oder es wird bei der Berechnung von einer falschen Restlaufzeit des Darlehens ausgegangen. Werden solche Fehler entdeckt, kann die Vorfälligkeitsentschädigung deutlich niedriger ausfallen oder bei unzureichenden Angaben im Vertrag sogar ganz entfallen.

März 30

EuGH-Urteil: Widerruf von Immobilien-Kredit, PKW-Finanzierung und Leasing

Europäischer Gerichtshof (EuGH) stärkt Verbraucherrechte und kippt mit Urteil vom 26.03.2020 eine seit 2010 millionenfach verwendete Formulierung in deutschen Belehrungen über das Recht zum Widerruf (Urteil v. 26.03.2020 – Rs C-66/19, „Kreissparkasse Saarlouis“). Findet sich die vom EuGH beanstandete „Kaskadenverweisung“ im Kreditvertrag, ist die erforderliche Belehrung über das Recht zum Widerruf unzureichend und ein Widerruf heute noch möglich.

Über was hatte der EuGH zu entscheiden?

In dem vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 26.03.2020 in der Rechtssache C-66/19 („Kreissparkasse Saarlouis“) entschiedenen Fall hatte die Widerrufsbelehrung bzw. „Widerrufsinformation“ einer deutschen Sparkasse auf dem Prüfstand gestanden. Gestritten wurde über die Wirksamkeit eines Widerrufs bzw. einer Belehrung über das Recht zum Widerruf in einem Kreditvertrag für einen Immobilien-Kredit aus dem Jahre 2012. Hier hatte der Verbraucher vor Ende der Zinsbindungsfrist den Widerruf erklärt. Der Text der Belehrung über das Recht zum Widerruf lautete dort auszugsweise wie folgt:

Widerrufsrecht
Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. [… ]

Entscheidung des EuGH zum Widerruf:

Mit Urteil vom 26.03.2020 hat der EuGH in der Rechtssache C-66/19 („Kreissparkasse Saarlouis“) nun festgestellt, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. p RL 2008/48/EG dahin auszulegen ist, dass zu den Informationen, die nach dieser Bestimmung in einem Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form anzugeben sind, die in Art. 14 Abs. 1 Unterabsatz 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist gehören. Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe p dieser Richtlinie, so der EuGH weiter, stehe dem entgegen, dass eine Widerrufsbelehrung („Widerrufsinformation“) in einem Kreditvertrag „hinsichtlich der in Art. 10 genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift [§ 492 Abs. 2 BGB, Anm. d. Verf.] verweist, die wiederum selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedsstaats verweist“.

Das bedeutet, dass nach Ansicht des EuGH eine Information über das Recht zum Widerruf mit einer komplizierten „Kaskadenverweisung“, wie sie von der im Ausgangsverfahren beim Landgericht Saarbrücken beklagten Sparkasse unter der Überschrift „Widerrufsinformation“ in einen Darlehensvertrag für eine Immobilienfinanzierung aufgenommen worden war, gemessen an EU-Recht als unzureichend zu qualifizieren ist. Weil eine unzureichende Widerrufsbelehrung bzw. „Widerrufsinformation“ die Frist für den Widerruf nicht in Lauf setzen kann, besteht in solchen Fällen vielfach auch heute noch ein Recht zum Widerruf, das vom Verbraucher auch ausgeübt werden kann.

Welche Banken sind betroffen?

Die Entscheidung betrifft grundsätzlich nahezu alle Darlehensverträge von Sparkassen, Volksbanken und anderen Genossenschaftsbanken wie z.B. der PSD Bank oder der Sparda-Bank, die in der Zeit ab dem 11.06.2010 abgeschlossen worden sind und die vom EuGH beanstandete Information über das Recht zum Widerruf mit einer sog. „Kaskadenverweisung“ enthalten. Gleiches gilt für BHW, Deutsche Bank, DSL Bank, ING-DiBa AG, Postbank oder auch diverse Versicherungen.

Welche Kredite sind betroffen?

Neben der im Ausgangsverfahren beim Landgericht Saarbrücken streitgegenständlichen klassischen Baufinanzierung, die das BGB heute als „Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag“ bezeichnet, sind auch Kredite zur Finanzierung von neuen oder gebrauchten PKW (Auto-Kredite), PKW-Leasingverträge, Allzweckdarlehen, Privatdarlehen und alle anderen Kredite für Verbraucher („Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag“) aus der Zeit ab dem 11.06.2010 betroffen. Die Produktbezeichnung der Bank oder der Gegenstand der Finanzierung spielen dabei keine Rolle. Eine wichtige Einschränkung gilt allerdings für Immobilienfinanzierungen, die nach dem 20.03.2016 abgeschlossen worden sind, weil der Gesetzgeber in § 356b BGB das Widerrufsrecht für den Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag mit Gesetz vom 11.03.2016 mit Geltung ab dem 21.03.2016 auf zwölf Monate und 14 Tage beschränkt hat (§ 356b Abs. 2 S. 4 BGB).

Betroffen sind demnach grundsätzlich alle Kreditverträge und Leasingverträge mit Datum ab dem 11.06.2010 bis heute (§ 356 Abs. 3 Satz 3 BGB). Eine Ausnahme gilt nur für Immobilien-Kredite mit Datum ab 21.03.2016. Findet sich in den entsprechenden Verträgen die vom EuGH in der Rechtssache C-66/19 beanstandete Formulierung („Kaskadenverweisung“), kann auch heute noch ein Recht zum Widerruf bestehen und Verbrauchern z.B. eine vorzeitige Beendigung des Darlehens ohne Vorfälligkeitsentschädigung (Vorfälligkeitsentgelt) ermöglichen.

Welche Folgen wird das Urteil vom Urteil vom 26.03.2020 in der Rechtssache C-66/19 („Kreissparkasse Saarlouis“) haben?

Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht abschließend geklärt, welche Folgen das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 in der Rechtssache C-66/19 („Kreissparkasse Saarlouis“) für die deutschen Verbraucher haben wird. Da der Gesetzgeber in der Bundesrepublik Deutschland für Unternehmer die Möglichkeit geschaffen hat, für die Information des Verbrauchers über das Recht zum Widerruf auf einen Mustertext zurückzugreifen, der bei ordnungsgemäßer Verwendung im Darlehensvertrag über eine sog. „Gesetzlichkeitsfiktion“ zu einer wirksamen Widerrufsinformation führt, dürfte in den Fällen, in denen das Muster tatsächlich in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form ohne verunklarende Zusätze übernommen worden ist, wirksam belehrt worden sein. Das würde bei einer Verwendung des Musters also auch dann gelten, wenn sich im Text der Widerrufsinformation die beanstandete „Kaskadenverweisung“ findet. Obwohl der EuGH im Urteil vom 26.03.2020 in der Rechtssache C-66/19 („Kreissparkasse Saarlouis“) in einem Fall entschieden hat, in dem es um ein grundpfandrechtlich gesichertes Immobiliardarlehen geht, wird die Rechtsprechung in Deutschland sich zudem mit der Frage auseinandersetzen, ob die Verbraucherkreditrichtlinie auf entsprechende Finanzierungen überhaupt Anwendung findet.

Warum kann ein Widerruf sinnvoll sein?

Besteht ein Recht zum Widerruf, weil die Widerrufsbelehrung („Widerrufsinformation“) im Sinne der Entscheidung des EuGH oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist, können Verbraucher durch die Erklärung des Widerrufs ohne Vorfälligkeitsentschädigung bzw. Vorfälligkeitsentgelt vor Ablauf der Zinsbindungsfrist aus belastenden Kreditverträgen aussteigen. Nach Widerruf und erfolgreicher Rückabwicklung können Zinsen eingespart oder es kann zu aktuell günstigen Konditionen neu finanziert werden. Der Kreditnehmer kann von der Bank im Rahmen der Rückabwicklung sogar Zinsen auf die bislang geleisteten Zahlungen verlangen, die mit der Zinsforderung der Bank zu verrechnen wären.

Lohnen kann sich der Widerruf auch bei einer PKW-Finanzierung, weil Verbraucher dann einen Anspruch auf Erstattung des ursprünglichen Kaufpreises für das Fahrzeug haben und allenfalls eine Entschädigung für gefahrene Kilometer zahlen müssen. Vorteil ist hier insbesondere, dass hohe Wertverluste durch Fahrverbote für Diesel-PKW mit alten Schadstoffklassen (z.B. Euro 5) vermieden werden . Bei der PKW-Finanzierung und beim PKW-Leasing kann der Widerruf auch dann sinnvoll sein, wenn die Belastung aus den Verträgen aktuell nicht tragbar ist. So fließen bei einem erfolgreichen Widerruf die Anzahlung und die geleisteten Raten an den Verbraucher zurück.

Was muss man vor einem Widerruf beachten?

Verbraucher sollten sich vor einem Widerruf unbedingt durch einen im Bankrecht versierten Rechtsanwalt beraten lassen, weil eine solche Erklärung erhebliche Rechtswirkungen entfaltet und auch mit Verpflichtungen verbunden ist. So muss eine Immobilienfinanzierung nach einem erfolgreichen Widerruf natürlich rechtzeitig zurückgezahlt und ggf. kurzfristig eine neue Finanzierungsmöglichkeit gefunden werden, erklärt Rechtsanwalt Keunecke aus Hannover, der als Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Mandanten gegenüber Banken bundesweit vertreten hat.

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Kanzlei Keunecke – Hannover
Rechtsanwalt Matthias Keunecke, LL.M.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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Widerruf-Bankrecht-Hannover-EuGH
Januar 13

Kündigung von Prämiensparvertrag durch Sparkasse unwirksam

Sparkasse darf Prämiensparvertrag mit Angabe zur Laufzeit nicht vorzeitig kündigen

Sparkasse Zwickau unterliegt beim OLG Dresden in einen Rechtsstreit um die Kündigung von Prämiensparvertrag (OLG Dresden, Urteil vom 21.11.2019 – 8 U 1770/18).

Das OLG Dresden hielt die Sparkasse mit seinem Urteil an der im Prämiensparvertrag ausdrücklich angegebenen Laufzeit von „99 Jahren“ fest. Dabei bezog sich das Gericht im Urteil auf den Wortlaut des Vertrages. Die Vorinstanz war hingegen noch davon ausgegangen, dass lediglich eine Höchstfrist vereinbart worden sei, die einer früheren Kündigung durch die Sparkasse nicht entgegenstehe.

Drei unbefristete Prämiensparverträge

Die Sparkasse Zwickau (Beklagte) hatte in den Jahren 1994 und 1996 drei unbefristete Prämiensparverträge abgeschlossen. Die Klägerin ist Erbin der früheren Kunden. Im Jahre 2015 wurden die Prämiensparverträge auf die Erbin umgeschrieben. Die Sparverträge sahen neben einer variablen Verzinsung eine anfänglich wachsende, dem Kunden gutzuschreibende jährliche Prämie vor, die nach 15 Jahren 50 % des im jeweiligen Jahr gezahlten Sparbeitrages erreicht und dann nicht weiter wächst. In den Verträgen enthielt Ziff. 4 jeweils die Formulierung: „Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1.188 Monaten abgeschlossen.“ In Ziff. 3.2 fand sich eine Passage, die auf eine Prämienstaffel für die gesamte Laufzeit des Prämiensparvertrages Bezug nahm und diese zum Gegenstand der Vereinbarung machte. Die Prämienstaffel listete die Prämie für einen Zeitraum von 99 Jahren auf, wobei jedes einzelne Jahr aufgeführt wurde. Die Angabe von 1.188 Monaten war in den drei Vertragsurkunden durch die Sparkasse vorgegeben. Dies sollte nach Angaben der Sparkasse auf ein technisches Erfordernis des verwendeten EDV-Systems zurückzuführen sein, welches auch für unbefristete Verträge die Eingabe eines Wertes für die Laufzeit verlangt habe.

Kündigungsrecht der Sparkasse streitig

Die Sparkasse kündigte alle drei streitgegenständlichen Verträge im Jahre 2017. Die Kundin hielt die Kündigung der Prämiensparverträge für unwirksam und beantragte die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. Weiter beantragte die Klägerin die Feststellung, dass die Verträge durch die Sparkasse nicht vor dem Jahre 2094 beziehungsweise 2096 ordentlich gekündigt werden können. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, da in den auf die Klägerin als Erbin umgeschriebenen Verträgen keine Laufzeit, sondern nur eine Höchstfrist vereinbart worden sei, die einer früheren Kündigung nicht im Weg stehe.

Nach Ansicht des OLG Dresden war Laufzeit für Prämiensparvertrag vereinbart

Das OLG Dresden hat das vorangegangene Urteil des LG Zwickau gekippt und der Klage stattgegeben. In den umgeschriebenen Verträgen sei eine Laufzeit – nicht eine Höchstfrist – von 1.188 Monaten (99 Jahren) vereinbart worden. Das ergab sich nach Ansicht des erkennenden Senats aus dem Wortlaut der Prämiensparverträge die sowohl unter Ziff. 4 als auch unter Ziff. 3 eine Laufzeit bezeichneten. Die Prämienstaffel, die 99 Jahre umfasse, korrespondiere mit der entsprechenden Angabe. Die Verträge gäben damit in mehrfacher Hinsicht einheitlich eine Laufzeit von 1.188 Monaten an.

Kein abweichender Rechtsbindungswille der Parteien ersichtlich

Nach Einschätzung des OLG Dresden muss sich eine Sparkasse an der durch sie selbst vorformulierten Angabe zur Laufzeit festhalten lassen. Angesichts des Wortlauts der Ziff. 4 und der auf 99 Jahre ausgerichteten Staffel im Prämiensparvertrag sei die Auslegung, eine solche Laufzeit sei mit der Klausel gemeint, nicht völlig fernliegend. Dass die Sparkasse und die Kundin übereinstimmend etwas anderes als den beiderseitig unterzeichneten Inhalt hatten vereinbaren wollen, sei nicht erkennbar. Der Sparkasse habe es freigestanden, in die betreffende Spalte keinen bestimmten Wert einzutragen oder einen solchen jedenfalls im ausgedruckten Exemplar für den Kunden zu streichen. Damit schied nach Einschätzung des OLG Dresden eine ordentliche Kündigung des Prämiensparvertrages gem. Nr. 26 Abs. 1 der AGB der Sparkasse aus. Ein wichtiger Grund für die Kündigung lag nach Ansicht des OLG ebenfalls nicht vor.

Prämiensparverträge überprüfen lassen!

„Anleger, die zu einem Prämiensparvertrag von ihrer Sparkasse die Kündigung erhalten haben, sollten den Sparvertrag und die Kündigung möglichst zeitnah durch einen im Bankrecht versierten Rechtsanwalt überprüfen lassen“, rät Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover, der auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht ist und sich als gelernter Sparkassenkaufmann mit Sparverträgen auskennt. „Vielfach werden Kunden nach einer Kündigung durch einen einfachen Hinweis auf das Urteil des BGH vom 14.05.2019 in dem Verfahren XI ZR 345/18 abgewimmelt, obwohl diese Entscheidung keineswegs alle Fallgestaltungen betrifft“, erklärt Rechtsanwalt Keunecke. Abgesehen davon, dass Sparkassenkunden in der Vergangenheit zu Zeiten hoher Zinsen angesichts der versprochenen Prämienstaffel beim Prämiensparvertrag auf den Rat ihres Kundenberaters hin vielfach auf höhere Zinsen bei anderen Sparverträgen verzichtet haben, legen auch die bisher überprüften Verträge vielfach einen Ausschluss des Kündigungsrechts nahe.

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Prämiensparvertrag Sparkasse Hannover
Dezember 19

Rücktritt vom Hausvertrag – Schadenersatz und Widerrufsrecht

Schadensersatz bei Kündigung

Verbraucher, die einen sog. Hausvertrag (z.B. über die Errichtung eines Fertighauses mit Anbietern wie OKAL, massa haus oder allkauf aus der DFH Haus Gruppe) abgeschlossenen haben, stellen häufig erst nachträglich fest, dass dieser Bauvertrag sich nicht wie geplant umsetzen lässt. Wenn beispielsweise das bei Vertragsabschluss in Aussicht gestellte Grundstück nicht verfügbar ist oder eine Baufinanzierung nicht erlangt werden kann und das Bauvorhaben deshalb aufgegeben werden muss, machen Anbieter in vielen Fällen trotzdem erhebliche Beträge als pauschalierten Schadenersatz geltend. Abhängig vom Wert der im Hausvertrag aufgeführten Bauleistungen werden dann nach der Kündigung nicht selten Beträge von EUR 25.000,00 oder mehr als Schadensersatz gefordert, obwohl der Hausvertrag im Vertrauen auf ein Recht zu einem kostenfreien Rücktritt geschlossen wurde.

Widerrufsrecht auch beim Hausvertrag

Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover rät betroffenen Verbrauchern in Fällen dieser Art zu einer sofortigen Überprüfung des Sachverhalts. Abgesehen von der Frage, ob der Hausvertrag wegen einer Kopplung an ein Grundstücksgeschäft im Einzelfall überhaupt ohne Beurkundung wirksam abgeschlossen worden ist (LG Hannover, Urt. v. 24.04.2017 – 14 O 184/16), kann nämlich auch noch ein Widerrufsrecht bestehen. Hintergrund: Mit Wirkung vom 01.01.2018 wurden spezielle Regelungen über den „Verbraucherbauvertrag“ in das BGB aufgenommen (§§ 650i ff. BGB). Für entsprechende Verträge steht dem Verbraucher seither nach § 650l Satz 1 BGB ein Widerrufsrecht gem. § 355 BGB zu. Der Unternehmer ist dabei verpflichtet, den Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung über das Widerrufsrecht zu belehren.

Kein Schadenersatz bei Widerruf

Fehlt eine Widerrufsbelehrung zum Hausvertrag ganz oder ist die Belehrung fehlerhaft erteilt worden, wird die Frist von 14 Tagen ab dem Tag des Vertragsabschlusses allerdings nicht in Lauf gesetzt. Ein Widerruf ist auch nach Ablauf von 14 Tagen ab Vertragsschluss noch möglich, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner auf den Abschluss von Bau- oder Hausvertrag gerichteten Vertragserklärung nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist. „Im Falle eines wirksamen Widerrufs hat der Unternehmer dann natürlich auch keinen Anspruch auf Schadenersatz“, erklärt Rechtsanwalt Keunecke. Ob eine wirksame Widerrufsbelehrung zum Hausvertrag erteilt wurde, ist in jedem Einzelfall gesondert zu überprüfen, weil es auf die tatsächlichen Umstände des Vertragsabschlusses und die vom Bauunternehmer verwendeten Formulare ankommt.

Widerrufsbelehrung zeitnah prüfen!

Wurde fehlerhaft über das Widerrufsrecht belehrt, dürfen Verbraucher allerdings nicht untätig bleiben. Wenn z.B. die DFH Haus GmbH aus Simmern den Hausvertrag kündigt und Schadenersatz fordert, können bereits viele Monate ins Land gegangen sein. „Für einen wirksamen Widerruf ist es dann möglicherweise schon zu spät“, warnt Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover, der als Fachanwalt für Bankrecht schon in einer Vielzahl von Fällen die Widerrufsbelehrungen zu Darlehensverträgen überprüft hat und sich deshalb mit der Materie auskennt. Der Gesetzgeber hat für den Hausvertrag („Verbraucherbauvertrag“) in § 356e BGB vorgesehen, dass ein Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss erlischt.

Betroffene Verbraucher sollten Ihren Hausvertrag deshalb unbedingt zeitnah durch einen Rechtsanwalt auf Wirksamkeit und etwaige Widerrufsmöglichkeiten hin überprüfen lassen. Dies gilt auch für die Voraussetzungen eines Rücktritts bzw. eines ggf. vereinbarten Vorbehalts (Grundstücksvorbehalt, Finanzierungsvorbehalt).

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Hausvertrag dfh Rücktritt Kündigung Widerruf
Juni 11

Kritische Berichte über „German Property Group GmbH“ („Dolphin“)

Presseberichte im Mai 2019 (BR, HR, BBC) setzen sich mit stockenden Immobilien-Projekten und Beschwerden enttäuschter Anleger auseinander.

Eine Investition in Immobilien wird gegenüber Kapitalanlegern in Zeiten niedriger Zinsen häufig als geeignete Alternative zu herkömmlichen Geldanlagen angepriesen. Auf besondere Formen der Anlage im Zusammenhang mit Immobilien hat sich ab dem Jahre 2008 unter dem langjährigen Geschäftsführer Charles Smethurst das Unternehmen „Dolphin Capital“ aus Langenhagen bei Hannover konzentriert, welches seit 2014 unter dem Namen „Dolphin Trust“ und nach einer weiteren Namensänderung im März 2019 nunmehr unter „German Property Group GmbH“ firmiert.

Die German Property Group GmbH hat sich nach den Angaben auf der Homepage des Unternehmens konkret „auf Denkmalsanierung spezialisiert“ und behauptet, „federführend an der Planung, dem Bau und dem Vertrieb von neu erschlossenen Wohnräumen in denkmalgeschützten Immobilien beteiligt“ zu sein. Darüber hinaus gibt die German Property Group GmbH an, sich mit der Entwicklung von Neubauflächen zu befassen. Das Unternehmen verweist insbesondere auf steuerliche Anreize im Rahmen der sog. Denkmalschutz-AfA, die eine Investition in denkmalgeschützten Wohnraum für private Anleger attraktiv machen soll.

Im Mai 2019 berichtete der Bayerische Rundfunk allerdings, dass auffällig viele der von „Dolphin“ bzw. „German Property Group“ in Bayern aufgekauften Häuser auch nach mehreren Jahren in der Hand des Unternehmens weiter verfallen. Bei zahlreichen Objekten seien die Sanierungsarbeiten ins Stocken gekommen oder gar nicht erst aufgenommen worden. Zudem, so der am 31.05.2019 auf der Seite „br.de“ unter Berufung auf Recherchen von BR, HR und BBC veröffentlichte Artikel mit dem Titel Rätselhafte Geschäfte der Immobiliengruppe „Dolphin“ weiter, würden ausländische Anleger „teilweise seit mehreren Monaten“ auf die Rückzahlung ihrer Geldanlage warten. Dolphin selber habe hierzu mitgeteilt, rund 20 Prozent der Anleger seien von der Verzögerung betroffen und es werde eine baldige Rückzahlung geben. Nach Angaben des Unternehmens seien Anleger über das Risiko einer verzögerten Auszahlung informiert und würden für Verzögerungen entschädigt; im Übrigen seien die Geldanlagen abgesichert.

Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover, der als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bundesweit regelmäßig private Anleger und Investoren vertritt, warnt immer dann, wenn Renditeversprechen in einer Größenordnung von „10, 15 oder gar 24 Prozent“ für Geldanlagen im Raum stehen. Derartige Renditen sollen Anlegern im Ausland nämlich nach dem zitierten Bericht des BR für Laufzeiten von bis zu fünf Jahren genannt worden sein, und zwar für ein Anlagemodell, bei dem es um die Finanzierung des Erwerbs sanierungsbedürftiger denkmalgeschützter Häuser in Deutschland durch Tochterfirmen von Dolphin (heute German Property Group) gehen sollte. „Wer derartige Renditen von einem Anlageberater genannt bekommt, sollte sich immer besonders genau mit den Risiken der angebotenen Geldanlage beschäftigen„, empfiehlt Rechtsanwalt Keunecke ganz allgemein und rät auch Investoren in Deutschland, die bereits eine Immobilie erworben haben oder einen Kauf in Erwägung ziehen, zur Vorsicht: „Gerade der Umgang mit denkmalgeschützten Immobilien ist nicht unproblematisch, wenn man das Investitionsobjekt nicht genau kennt und die Risiken zutreffend einschätzen kann.

Investoren, die im Zusammenhang mit Geldanlagen oder dem Erwerb einer Immobilie einen Schaden erlitten haben, sollten sich im Hinblick auf laufende Verjährungsfristen möglichst zeitnah durch einen im Bankrecht und Kapitalanlagerecht versierten Fachanwalt beraten lassen, damit etwaige Schadenersatzansprüche erfolgreich durchgesetzt werden können.

Nähere Informationen:

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April 11

Zinsen runter, Kontogebühren rauf

(Hannover) In Zeiten niedriger Zinsen suchen Banken nach Möglichkeiten ihre Einnahmen zu steigern und drehen an der „Gebührenschraube“. Kündigung möglich?

Wenn die Kontogebühren – also die Entgelte für Kontoführung, Buchungsposten und andere Leistungen – von der Bank oder Sparkasse geändert werden, dann geht es in der Regel nicht nur um marginale Preisanpassungen. Eine Erhöhung von 50 auf 60 Cent stellt immerhin eine Steigerung von satten 20 % dar. „Gelegentlich finden sich sogar Preiserhöhungen von mehr als 100 % oder es werden neue Gebühren für bislang kostenfreie Leistungen eingeführt“, berichtet Rechtsanwalt Keunecke, der als Fachanwalt für Bankrecht in Hannover den Markt laufend beobachtet. Preiserhöhungen sind für viele Verbraucher ein Anlass, die Geschäftsverbindung zu überprüfen, Preise zu vergleichen und am Ende eventuell die Bank zu wechseln. Die bisherige Bank oder Sparkasse muss bei einem Kontowechsel sogar behilflich sein und z. B. eine Liste der bestehenden Daueraufträge übermitteln. 

Wollen Banken oder Sparkassen die Preise erhöhen, dann stellt das in rechtlicher Hinsicht eine Änderung im Vertragsverhältnis dar, die gegenüber dem Kunden zunächst mit einem Vorlauf von mindestens zwei Monaten in Textform angeboten werden muss. Dabei kann das Angebot z.B. auch im Kontoauszug oder in einer E-Mail enthalten sein. Wer nicht rechtzeitig ausdrücklich seine Ablehnung erklärt, akzeptiert nach den gängigen Vertragsbedingungen der Banken und Sparkassen die angebotene Vertragsänderung und damit auch die höheren Kontogebühren. Die Preiserhöhung wird allerdings nur wirksam, wenn die Bank gleichzeitig mit dem Änderungsangebot auch darüber aufklärt, dass Schweigen als Zustimmung gilt und der Kunde ohne Einhaltung einer Frist kostenfrei kündigen kann.

Wird eine Erhöhung der Kontogebühren angekündigt, können Bankkunden den Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 675f BGB) regelmäßig ohne Einhaltung einer Frist sofort kündigen. Alternativ kann der Preisänderung auch widersprochen werden. Das Konto wird dann bis zu einer etwaigen Kündigung seitens der Bank, für die eine mindestens zweimonatige Frist gilt, zu den bisherigen Bedingungen und Preisen fortgeführt.

Verfasser:

Rechtsanwalt Matthias Keunecke, LL.M.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Februar 21

Pflegeimmobilien ersetzen keinen Sparvertrag

Vorsicht, wenn bei Pflegeimmobilien „5 % gesicherte Rendite“ oder gar eine „staatliche Absicherung“ versprochen wird!

Wer  seine Ersparnisse anlegen und für das Alter vorsorgen möchte, dem werden in der aktuellen Niedrigzinsphase häufig komplizierte und nur vordergründig sicher erscheinende Finanzprodukte wie z.B. Pflegeimmobilien empfohlen.

Die Leitzinsen der Federal Reserve Bank in den USA und der Bundesbank bzw. der Europäischen Zentralbank sind ganz unten. Seit der Nachkriegszeit und der Zeit des Wiederaufbaus in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts haben sich diese Zinssätze, zu denen Banken sich Geld bei ihrer Zentralbank leihen können, nicht auf einem derart niedrigen Niveau befunden. Vor allen Dingen sind Tiefststände aber auch nicht über so lange Zeiträume gehalten worden.

Wer als Privatanleger sein Geld heute zur Bank oder Sparkasse bringt, bekommt das zu spüren. Während in den 70er, 80er und 90er Jahren für Spareinlagen regelmäßig noch Zinssätze zwischen 5 % und 9 % zu erzielen waren, müssen sich Sparer heute bisweilen schon glücklich schätzen, wenn der Anlageberater überhaupt Zinsen bietet. Für Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von über 2 Jahren werden ausweislich der Statistik der Deutschen Bundesbank im Durchschnitt aktuell nur 0,59 % Zinsen gezahlt (BBK01.SUD104; Stand 01.02.2018). Schlechtere Zinssätze haben Bundesbürger für ihre Kapitalanlage noch nie erzielt.

Anleger gehen bei Geldanlagen derzeit aber nicht nur nahezu leer aus. In Wirklichkeit ist die Situation weitaus problematischer. „Die sog. Realzinssätze, die unter Berücksichtigung der Preisentwicklung ermittelt werden, liegen im Laufzeitband von über 2 Jahren schon seit 2016 deutlich unter Null“ erklärt Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover, der diese Entwicklung als Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht mit Sorge beobachtet. Die Deutsche Bundesbank beziffert die Realverzinsung bei solchen Geldanlagen derzeit auf ‑1,09 % (Zeitreihe BBK01.SUR104; Stand 01.02.2018). „Das bedeutet für den Anleger, dass eine mittelfristige Geldanlage mit einer Laufzeit von bis zu 4 Jahren ein Verlustgeschäft werden könnte, obwohl auf dem Papier das Kapital erhalten bleibt„, so Keunecke weiter.

Angst ist kein guter Anlageberater!

Die Angst vieler Sparer, bei einer Geldanlage – z.B. für die Altersvorsorge – schlecht wegzukommen oder bei einem Sparguthaben im Ergebnis sogar einen Verlust zu erleiden, nutzen unseriöse Berater in der aktuellen Niedrigzinsphase leider immer wieder aus. Wenn die Alternativen vorgestellt werden, dann sind das häufig Aktienfonds oder andere Wertpapierfonds, bei denen komplizierte Grafiken die Ertragsaussichten belegen sollen. Teilweise kommen auch Produkte auf den Tisch, bei denen Anleger völlig unbekannten Unternehmen ein Darlehen gewähren und auf diese Weise eine Verzinsung erzielen sollen. Auch der vermeintliche Inbegriff der konservativen, werterhaltenden und krisensicheren Geldanlage rückt vermehrt in den Fokus der Berater: Immobilien. Entweder soll der Anleger dann über geschlossene Immobilienfonds hohe Einmalbeträge in bestimmte Projekte anlegen oder über lange Zeiträume ohne Kündigungsmöglichkeit monatliche Raten einzahlen.

Wenn der Anlageberater bei Pflegeimmobilien „5 % gesicherte Rendite pro Jahr“ oder sogar eine „staatliche Absicherung“ verspricht und dabei auf eine ausführliche Darstellung der Risiken verzichtet, ist große Vorsicht geboten!

Nicht selten werden sicherheitsorientierten Anlegern in letzter Zeit auch sog. Pflegeimmobilien zum Kauf empfohlen“ berichtet Rechtsanwalt Matthias Keunecke. Gelockt wird dabei mit angeblichen Renditen von 5 % pro Jahr und mehr. Pflegeimmobilien, bei denen es sich in der Regel um Immobilien in Altersheimen oder Pflegeheimen handelt, sollen angeblich langfristig garantierte Mieteinnahmen und gar eine staatliche Absicherung bieten. „Das sind Werbeaussagen, denen man keinesfalls blind vertrauen sollte“ warnt Rechtsanwalt Keunecke. Bei diesen Pflegeimmobilien geht es nämlich häufig um kleinste Wohneinheiten in großen Pflegeheimen. Einheiten mit einer Größe von nur 20 qm zzgl. anteiliger Gemeinschaftsfläche sollen vom Anleger dort dann zu Preisen von mehr als EUR 5.500,00 pro Quadratmeter erworben werden. Eine wirklich belastbare Sicherheit, dass Mieten langfristig und zuverlässig in der versprochenen Höhe fließen, gibt es entgegen den oftmals irreführenden Werbeaussagen der Anlageberater aber nicht.

Renditeversprechen bei Pflegeimmobilien zweifelhaft

Deshalb ein klarer Ratschlag und eine Warnung: Trotz aktuell niedriger Zinssätze auf Sparguthaben sollten Anleger sich in Beratungsgesprächen unter keinen Umständen Angst einjagen lassen. Versprechungen von Anlageberatern müssen stets mit der notwendigen Skepsis kritisch geprüft werden. Das gilt für Pflegeimmobilien genau so wie für geschlossene Fonds oder Wertpapiere. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Investition – beispielsweise in Pflegeimmobilien – auch noch mit dem Kredit einer Bank finanziert werden soll, weil eine solche Fremdfinanzierung das Verlustrisiko erheblich steigert.

Wenn Risiken durch den Anlageberater verschwiegen oder falsch dargestellt worden sind, sollten Schadenersatzansprüche zeitnah durch einen im Bankrecht bzw. Kapitalmarktrecht versierten Rechtsanwalt geprüft und nötigenfalls gerichtlich durchgesetzt werden, weil ansonsten Verjährung droht. Rechtsanwalt Keunecke vertritt als Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht bundesweit Anleger und Investoren.

Nähere Informationen:

Kanzlei Keunecke – Hannover
Rechtsanwalt Matthias Keunecke, LL.M.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Kontakt: 0511 3400624

Februar 14

PICAM und PICCOR AG – Schadenersatz prüfen lassen!

Mit einem Schreiben vom 18.12.2017 teilte der „PICAM Unternehmensverbund“ Anlegern mit, dass die externe Vermögensverwaltungsgesellschaft der PICCOR AG nicht nur in Einzelfällen die Abrechnungen verzögert erstelle, sondern die Erteilung von Abrechnung vollständig eingestellt habe.

Seitens des PICAM Unternehmensverbundes und der PICCOR AG sei zudem festgestellt worden, dass keinerlei Kontaktaufnahme zu Ansprechpartnern bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft möglich und an deren Geschäftssitz niemand angetroffen worden sei. Weiter verweist das von Herrn Thomas Entzeroth für PICAM gezeichnete Schreiben vom 18.12.2017 darauf, dass man derzeit nicht wisse, „ob die noch auszukehrenden Abrechnungen in welcher Höhe überhaupt vorhanden sind„. Dem folgt die Aussage, dass „Vermögenswerte vorhanden sind„. Nähere Ausführungen finden sich hierzu im Schreiben vom 18.12.2017 nicht. Stattdessen wird dort in den Raum gestellt, dass das Verhalten der Vermögensverwaltungsgesellschaft der PICCOR AG „den dringenden Tatverdacht einer strafbaren Handlung“ rechtfertige und der Verfasser des Schreibens – der Herr Thomas Entzeroth – den Sachverhalt daher der Staatsanwaltschaft in Berlin mitgeteilt habe.

Die PICCOR AG bzw. die PICAM Unternehmensgruppe hatten in der Vergangenheit über Anlageberater im Bundesgebiet ihr Anlagekonzept u.a. unter Bezugnahme auf eine sog. „Anlagebestätigung“ eines Wirtschaftsprüfers aus Berlin beworben. Der Wirtschaftsprüfer, der bei der Abwicklung gleichzeitig auch als Treuhänder fungierte, verwies in seiner Bestätigung u.a. auf durchgehend zweistellige Renditen in den Jahren 2003 bis 2012.

Betroffene Anleger sollten sich schnellstmöglich durch einen im Bank- und Kapitalmarktrecht erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen.

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Mai 12

Landgericht Hannover kippt Hausvertrag der DFH Haus GmbH (Massa Haus)

Traum vom Eigenheim wird für Familie aus Hannover fast zum Albtraum, weil Baufirma aus Hausvertrag TEUR 20,0 für nicht gebautes Fertighaus verlangte

Das Landgericht Hannover hat die Klage der DFH Haus GmbH („Massa Haus„) nun abgewiesen, weil es den Vertrag über die Errichtung des Hauses („Hausvertrag„) wegen fehlender Beurkundung für unwirksam hält.

Hausvertrag und Grundstück mit Altlasten

Die farbigen Prospekte sahen gut aus, das Musterhaus machte einen ordentlichen Eindruck und der „Verkaufsberater“ der Firma Massa Haus konnte auch gleich ein Grundstück in passender Lage anbieten. Alles hörte sich verlockend an, zumal die Suche nach einem bezahlbaren Grundstück sich oft schwierig gestalten kann. Nachdem der Vertrag über die Errichtung des Fertighauses („Hausvertrag„) nebst Darlehensvertrag für die Finanzierung von Bauleistungen und Baugrundstück abgeschlossen war, stellte sich allerdings heraus, dass auf dem vorgesehenen Baugrundstück und auch in der dortigen Nachbarschaft ganz erhebliche Altlasten in Form giftiger Rückstände aus der Erdölverarbeitung schlummerten. Weil die Familie in einer derart von Giftstoffen belasteten Umgebung nicht wohnen wollte und auch befürchten musste, ihr Haus später möglicherweise nur noch weit unter Wert wieder verkaufen zu können, entschied sie sich dafür, das Bauvorhaben mit einem Volumen von rund EUR 300.000,00 nicht mehr umzusetzen.

Schadenersatzforderung aus Hausvertrag

Obwohl noch kein notariell beurkundeter Kaufvertrag über das Grundstück existierte, ergaben sich nun erhebliche Probleme. Denn einerseits war die Immobilienfinanzierung – also der Darlehensvertrag für die Finanzierung von Baugrundstück und Bauleistungen – bereits abgeschlossen und andererseits pochte die DFH Haus GmbH („Massa Haus„) auf einen vermeintlich bindenden „Hausvertrag„. Eine einvernehmliche Lösung für das Darlehen konnte mit der Bank ohne Rechtsstreit gefunden werden. Nur die DFH Haus GmbH beharrte weiter auf ihren Forderungen aus dem Hausvertrag und machte in einem Klageverfahren beim Landgericht Hannover schließlich Ansprüche in Höhe von rund EUR 20.000,00 geltend.

DFH Haus Hausvertrag unwirksam

Erfolg hatte die DFH Haus GmbH mit ihrer Klage jedoch nicht, denn das Landgericht Hannover ist im Urteil vom 24.04.2017 der von Rechtsanwalt Matthias Keunecke dargelegten Auffassung gefolgt, dass der Vertrag über die Errichtung des Fertighauses („Hausvertrag„) als unwirksam anzusehen ist. Nach durchgeführter Beweisaufnahme und Würdigung der Umstände des Vertragsschlusses kam das Landgericht Hannover zu dem Ergebnis, dass sich Abschluss des Hausvertrages und Trennung des Hausvertrages vom Grundstückskaufvertrag als Umgehungsgeschäft darstellten, welches nur geschlossen worden war, um die Formvorschrift des § 311b BGB nicht zur Anwendung kommen zu lassen. Weil der „Hausvertrag“ aber nur privatschriftlich vorlag, genügte er der vom Gesetzgeber geforderten Form der Beurkundung nicht und wurde deshalb vom Gericht als nichtig eingestuft (§ 125 BGB). Das Urteil des Landgerichts Hannover vom 24.04.2017 in dem Verfahren 14 O 184/16 ist mittlerweile rechtskräftig.

Nähere Informationen und Beratung:

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