Jan 13

Kündigung von Prämiensparvertrag durch Sparkasse unwirksam

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Sparkasse darf Prämiensparvertrag mit Angabe zur Laufzeit nicht vorzeitig kündigen

Sparkasse Zwickau unterliegt beim OLG Dresden in einen Rechtsstreit um die Kündigung von Prämiensparvertrag (OLG Dresden, Urteil vom 21.11.2019 – 8 U 1770/18).

Das OLG Dresden hielt die Sparkasse mit seinem Urteil an der im Prämiensparvertrag ausdrücklich angegebenen Laufzeit von „99 Jahren“ fest. Dabei bezog sich das Gericht im Urteil auf den Wortlaut des Vertrages. Die Vorinstanz war hingegen noch davon ausgegangen, dass lediglich eine Höchstfrist vereinbart worden sei, die einer früheren Kündigung durch die Sparkasse nicht entgegenstehe.

Drei unbefristete Prämiensparverträge

Die Sparkasse Zwickau (Beklagte) hatte in den Jahren 1994 und 1996 drei unbefristete Prämiensparverträge abgeschlossen. Die Klägerin ist Erbin der früheren Kunden. Im Jahre 2015 wurden die Prämiensparverträge auf die Erbin umgeschrieben. Die Sparverträge sahen neben einer variablen Verzinsung eine anfänglich wachsende, dem Kunden gutzuschreibende jährliche Prämie vor, die nach 15 Jahren 50 % des im jeweiligen Jahr gezahlten Sparbeitrages erreicht und dann nicht weiter wächst. In den Verträgen enthielt Ziff. 4 jeweils die Formulierung: „Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1.188 Monaten abgeschlossen.“ In Ziff. 3.2 fand sich eine Passage, die auf eine Prämienstaffel für die gesamte Laufzeit des Prämiensparvertrages Bezug nahm und diese zum Gegenstand der Vereinbarung machte. Die Prämienstaffel listete die Prämie für einen Zeitraum von 99 Jahren auf, wobei jedes einzelne Jahr aufgeführt wurde. Die Angabe von 1.188 Monaten war in den drei Vertragsurkunden durch die Sparkasse vorgegeben. Dies sollte nach Angaben der Sparkasse auf ein technisches Erfordernis des verwendeten EDV-Systems zurückzuführen sein, welches auch für unbefristete Verträge die Eingabe eines Wertes für die Laufzeit verlangt habe.

Kündigungsrecht der Sparkasse streitig

Die Sparkasse kündigte alle drei streitgegenständlichen Verträge im Jahre 2017. Die Kundin hielt die Kündigung der Prämiensparverträge für unwirksam und beantragte die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. Weiter beantragte die Klägerin die Feststellung, dass die Verträge durch die Sparkasse nicht vor dem Jahre 2094 beziehungsweise 2096 ordentlich gekündigt werden können. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, da in den auf die Klägerin als Erbin umgeschriebenen Verträgen keine Laufzeit, sondern nur eine Höchstfrist vereinbart worden sei, die einer früheren Kündigung nicht im Weg stehe.

Nach Ansicht des OLG Dresden war Laufzeit für Prämiensparvertrag vereinbart

Das OLG Dresden hat das vorangegangene Urteil des LG Zwickau gekippt und der Klage stattgegeben. In den umgeschriebenen Verträgen sei eine Laufzeit – nicht eine Höchstfrist – von 1.188 Monaten (99 Jahren) vereinbart worden. Das ergab sich nach Ansicht des erkennenden Senats aus dem Wortlaut der Prämiensparverträge die sowohl unter Ziff. 4 als auch unter Ziff. 3 eine Laufzeit bezeichneten. Die Prämienstaffel, die 99 Jahre umfasse, korrespondiere mit der entsprechenden Angabe. Die Verträge gäben damit in mehrfacher Hinsicht einheitlich eine Laufzeit von 1.188 Monaten an.

Kein abweichender Rechtsbindungswille der Parteien ersichtlich

Nach Einschätzung des OLG Dresden muss sich eine Sparkasse an der durch sie selbst vorformulierten Angabe zur Laufzeit festhalten lassen. Angesichts des Wortlauts der Ziff. 4 und der auf 99 Jahre ausgerichteten Staffel im Prämiensparvertrag sei die Auslegung, eine solche Laufzeit sei mit der Klausel gemeint, nicht völlig fernliegend. Dass die Sparkasse und die Kundin übereinstimmend etwas anderes als den beiderseitig unterzeichneten Inhalt hatten vereinbaren wollen, sei nicht erkennbar. Der Sparkasse habe es freigestanden, in die betreffende Spalte keinen bestimmten Wert einzutragen oder einen solchen jedenfalls im ausgedruckten Exemplar für den Kunden zu streichen. Damit schied nach Einschätzung des OLG Dresden eine ordentliche Kündigung des Prämiensparvertrages gem. Nr. 26 Abs. 1 der AGB der Sparkasse aus. Ein wichtiger Grund für die Kündigung lag nach Ansicht des OLG ebenfalls nicht vor.

Prämiensparverträge überprüfen lassen!

„Anleger, die zu einem Prämiensparvertrag von ihrer Sparkasse die Kündigung erhalten haben, sollten den Sparvertrag und die Kündigung möglichst zeitnah durch einen im Bankrecht versierten Rechtsanwalt überprüfen lassen“, rät Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover, der auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht ist und sich als gelernter Sparkassenkaufmann mit Sparverträgen auskennt. „Vielfach werden Kunden nach einer Kündigung durch einen einfachen Hinweis auf das Urteil des BGH vom 14.05.2019 in dem Verfahren XI ZR 345/18 abgewimmelt, obwohl diese Entscheidung keineswegs alle Fallgestaltungen betrifft“, erklärt Rechtsanwalt Keunecke. Abgesehen davon, dass Sparkassenkunden in der Vergangenheit zu Zeiten hoher Zinsen angesichts der versprochenen Prämienstaffel beim Prämiensparvertrag auf den Rat ihres Kundenberaters hin vielfach auf höhere Zinsen bei anderen Sparverträgen verzichtet haben, legen auch die bisher überprüften Verträge vielfach einen Ausschluss des Kündigungsrechts nahe.

Nähere Informationen und Beratung bundesweit:
Kanzlei Keunecke – Hannover
Rechtsanwalt Matthias Keunecke, LL.M.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Kontakt: 0511 3400624

Prämiensparvertrag Sparkasse Hannover