Feb 12

Falschberatung – TARGOBANK unterliegt beim Landgericht Bielefeld (Az. 5 O 136/10)

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Ersparnisse von mehr als € 60.000,00 hatte ein Ehepaar aus Bünde durch die Beratung der TARGOBANK verloren. Mit Urteil vom 31.01.2013 (Az. 5 O 136/10) hat das Landgericht Bielefeld nun festgestellt, dass die Anlageziele der Rentner falsch ermittelt worden waren und das Geldinstitut deshalb wegen Falschberatung dazu verurteilt, den entstandenen Schaden in voller Höhe zu ersetzen.

Im Jahre 2007 empfahl die TARGOBANK (früher Citibank) mehrfach sog. Zertifikate als eine geeignete Geldanlage für das Ehepaar, das im Prozess beim Landgericht Bielefeld von Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover vertreten wurde. Die damalige Bankberaterin hatte den Klägern dazu geraten, einen großen Teil ihrer Altersvorsorge in solche Papiere zu investieren, obwohl ihr aus Beratungsgesprächen durchaus bekannt war, dass ein Kapitalverlust ihre Kunden schwer belasten würde und eine Anlage mit Totalverlustrisiko deshalb nicht passen konnte. Hinzu kam, dass der Kläger wegen einer betriebsbedingten Kündigung damals gerade seinen Arbeitsplatz verloren und die Rentner dies ebenfalls mit der Beraterin besprochen hatten. Mit der Insolvenz des amerikanischen Bankhauses Lehman Brothers im September des Jahres 2008 verloren die Eheleute ihr Geld und hatten seither allenfalls noch auf geringfügige Zahlungen aus dem laufenden Insolvenzverfahren hoffen können. Eine Erstattung hatte die TARGOBANK außergerichtlich strikt abgelehnt und wollte auch im gerichtlichen Verfahren keinem angemessenen Vergleich zustimmen.

Das Landgericht Bielefeld ist nach einer umfangreichen Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die Beratung der Bank und die Empfehlung zum Erwerb der risikobehafteten Anlageprodukte in mehrfacher Hinsicht als mangelhaft anzusehen ist. Die Bankberaterin hatte es nach den Feststellungen des Gerichts schon versäumt, die Anlageziele der Kläger zu erfragen. Sie habe deshalb keine geeignete Anlagestrategie ermitteln und folglich auch keine passende Anlageempfehlung aussprechen können. Ein Grund dafür, die Bank zum vollständigen Ersatz des entstandenen Schadens zu verurteilen, der den Eheleuten durch die ungeeignete Empfehlung ihrer Anlageberaterin entstanden ist.

Nach Meinung von Rechtsanwalt Keunecke stellt der entschiedene Sachverhalt keinen Einzelfall dar: „Eine Bank oder Sparkasse muss nach der Rechtsprechung des BGH die Anlageziele von Kunden erfragen, auswerten und bei ihren Empfehlungen berücksichtigen. Die Funktionsweise der Produkte und deren Risiken müssen dabei klar dargestellt werden. Genau das haben Banken in der Vergangen oft nicht hinreichend beherzigt.“ Besserung ist bislang nicht in Sicht. Immer häufiger melden sich derzeit Anleger, die eigentlich für ihr Alter sparen wollten und von ihrer Bank mit Beteiligungen an risikoreichen Schiffsfonds oder Immobilienfonds versorgt worden sind. Solche Produkte sind regelmäßig vollkommen ungeeignet für die Altersvorsorge, weil die Entwicklung über die Laufzeit von oft mehr als 20 Jahren gar nicht kalkulierbar und das Risiko deshalb sehr hoch ist.“ Wenn die Bank für die Empfehlung einer Beteiligung an einem Schiffsfonds 10 % als Rückvergütung („Kick-Back“) kassiert, dann bedeutet das bei einer Anlagesumme von € 50.000,00 aber einen Verdienst von € 5.000,00. Das kann durchaus ein Grund dafür sein, warum Anlageziele und Sicherheitsbedürfnis des Kunden vom Bankberater „übersehen“ werden. Genau deshalb ist ein Anleger im Rahmen einer Beratung auch über die genaue Höhe solcher Rückvergütungen und den entsprechenden Interessenskonflikt der Bank aufzuklären. Unterbleibt eine solche Aufklärung, kann der Kunde die Rückabwicklung des Geschäfts verlangen.

Ob das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 31.01.2013 in dem Verfahren 5 O 136/10 rechtskräftig wird ist derzeit noch unklar, weil die TARGOBANK noch das Rechtsmittel der Berufung einlegen kann.

 

Verfasser:
Rechtsanwalt Matthias Keunecke, LL.M.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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