Landgericht Bielefeld hält schriftliche Produktinformationen der TARGOBANK zu Lehman Brothers „Alpha Express Zertifikat“ für mangelhaft und spricht Rentnerin Schadenersatz wegen Falschberatung zu.
Hannover 12.08.2010
Einen Betrag von € 35.700,00 hatte die Anlegerin mit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers verloren. Mit Urteil vom 30.07.2010 (Az. 1 O 351/09) hat das Landgericht Bielefeld die TARGOBANK (früher Citibank) nun dazu verurteilt, der Rentnerin Schadenersatz wegen Falschberatung zu zahlen.
Im Frühjahr des Jahres 2007 wurden die inzwischen wertlosen Papiere der Rentnerin im Hause der Citibank, die zwischenzeitlich von der französischen Crédit Mutuel übernommen wurde und sich nun TARGOBANK nennt, als sichere Geldanlage für ihre Altersvorsorge verkauft. Diese Geldanlage sollte nach Aussage des Beraters sicher sein und nach dessen Worten ein „marktneutrales Investment“ darstellen. Die Versprechungen des Beraters erwiesen sich allerdings als falsch. Mit der Insolvenz des amerikanischen Bankhauses Lehman Brothers im September 2008 hatte die Mandantin einen erheblichen Teil ihres Vermögens verloren.
Einen außergerichtlichen Vergleich hatte die TARGOBANK – wie in vielen vergleichbaren Fällen – strikt abgelehnt, da die Klägerin aus Sicht der Bank als erfahrene Anlegerin galt. Diese hatte nämlich bereits zuvor mehrfach Zertifikate der Citibank erworben und ihr Geld auch schon seit längerer Zeit in Wertpapierfonds angelegt. Tatsächlich hatte die Rentnerin dabei aber nur die Empfehlungen ihres Bankberaters befolgt und dabei darauf vertraut, dass dieser sie richtig berät. Eine vollständige und verständliche Risikoaufklärung hatte sie dabei allerdings nie erhalten.
Nach Meinung des auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwalts Matthias Keunecke, der die Klägerin im Verfahren gegen die TARGOBANK vertrat, war die Empfehlung zum Kauf der Lehman-Zertifikate vollkommen ungeeignet für den Kenntnis- und Erfahrungsstand der Anlegerin, da die in Streit stehenden Produkte eine ganz besonders intransparente „Wette“ zum Gegenstand haben. Die Voraussetzungen der Kapitalrückzahlung lassen sich bei den empfohlenen Alpha Express Zertifikaten auch mit erheblichen Fachkenntnissen und sogar unter Zuhilfenahme der in Kundengesprächen angeblich stets verwendeten Produktbeschreibungen (Werbeflyer) nicht – oder nur sehr schwer – nachvollziehen. Diese Auffassung bestätigte das Landgericht Bielefeld mit Urteil vom 30.07.2010. Nach der Urteilsbegründung wurde in den Produktunterlagen nicht hinreichend auf die Struktur der Basiswerte hingewiesen. Diese Entscheidung könnte für die TARGOBANK ein erhebliches Problem darstellen, da die zugrundeliegenden Erwägungen des Landgerichts für alle betroffenen Kunden zutreffen, die in ein vergleichbares Produkt investiert haben. Dies sind beispielsweise die Alpha Express Zertifikate mit den WKN A0N6GH (ISIN DE000A0N6GH8), WKN A0N7XQ (DE000A0N7XQ2), WKN A0V4E1 (ISIN DE000A0V4E15) und WKN A0NXKZ (ISIN DE000A0NXKZ9).
Es bleibt abzuwarten, ob die TARGOBANK gegen das Urteil in die Berufung geht. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil könnte es also noch dauern. Andere Anleger, die ebenfalls Geld mit Zertifikaten der US-Pleitebank Lehman Brothers verloren haben, werden die Rechtskraft dieses oder auch anderer Urteile aber vermutlich nicht abwarten können. Rechtsanwalt Matthias Keunecke: „Die Ansprüche der Anleger unterliegen einer dreijährigen Verjährungsfrist. Diese Frist beginnt mit dem Tag der Erteilung des Kaufauftrages und nicht mit dem Datum der Kaufabrechnung. Da viele der Zertifikate im Jahre 2007 verkauft wurden, verjähren fast täglich Ansprüche von Anlegern.“
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